Authors
Konrad Paul Liessmann
Publication date
2002
Publisher
CH Beck
Description
Hundert Jahre nach seiner Geburt, zehn Jahre nach seinem Tod ist es still geworden um Günther Anders. Der scharfsinnige Philosoph, streitbare Publizist und unbeugsame Moralist, der sich einmal gewünscht hatte,«nicht als Verfasser von unverbindlichen, mehr oder minder unüblichen Betrachtungen von mehr oder minder genau geschliffenen Glossen klassifiziert zu werden, vielmehr als Vertreter von Kampfthesen, der es mindestens verdienen würde, attackiert zu werden»(Ketzereien, S. 5), scheint seine Zeit gehabt zu haben und nur noch bei jenen Interesse zu erregen, die sich an einer Geschichte des politischen Denkens im 20. Jahrhundert oder an den Frühformen der Technik-und Medienphilosophie abarbeiten. Historisierung und Akademisierung wären allerdings das letzte gewesen, was sich Anders für sein Werk erwartet hätte. Und dies aus guten Gründen. Als ich Günther Anders im Sommer des Jahres 1982 anläßlich seines bevorstehenden 80. Geburtstages zum ersten Mal besuchte, beschloß er unser langes Gespräch mit einem Seufzer:<< Wer zu früh kommt, kommt auch nicht zur rechten Zeit.» Daß er Zeit seines Lebens ein Unzeitgemäßer gewesen war, war ihm wohl stets bewußt gewesen. Und wer ihn kannte, wußte, daß er darunter auch litt. Allerdings: er empfand sich als unzeitgemäß, weil er sich seiner Zeit voraus wähnte. Der prognostischen Kraft seiner Analysen und Deutungen der technischen Lebenswelt des modernen Menschen traute er zu, Phänomene und Tendenzen, Gefahren und Abgründe erfaßt zu haben, die den Zeitgenossen verborgen waren und vielleicht noch lange verborgen blieben. Traute man dieser …
Total citations
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